Die Migräne
Es pocht, es klopf, es hämmert mir der Kopf,
Der Schmerz, er fließt vom Nacken hoch bis in den Scheitel,
Die Stirn ist taub, das Aug´ bereit heraus zu quillen,
Die Ohren pfeifen und jeder Schritt gewählt mit Acht.
Rückzug ist angesagt: auf ins Bett, Flucht ins Dunkle,
Wo keine einzige Menschenseele naht.
Den Waschlappen auf der Stirn,
Den Eimer neben mir,
Wenn das Erbrechen folgt.
Wetterfühlig, was ein Quatsch.
Die Marter, es gilt sie zu ertragen.
Unvorstellbar, welch` Kraft die Natur,
Ein Wetterumschwung auf mich hat.
Unruhiges Wälzen im Bett, den Tod im Angesicht.
Dann Entschluss zur Stille; ich halte ein und aus das Pochen.
Die Augen sind geschlossen, die Ruhe, Einsamkeit, sie wird genossen,
Und es beginnt das Zwiegespräch mit Gott.
Ich schlafe ein und wache auf wie neu geboren.
Demut, Dankbarkeit und Lebensfreude lehrt mich die Migräne.
Seelenverwandt
Ich sah Dich und war dir nah, obgleich fremd Du mir doch warst,
Dich, um dessen Gestalt eine mich anziehende Macht schwebte,
Und ich folgte, ob ich wollte oder nicht.
So traf ich Dich, schicksalhaft und so Du mich und warst ergriffen.
Deinen Worten faszinierend lauschend, Deinen Schritten folgend,
fand ich mich im heimlichen Beobachten Deines anmutig,
würdevollen Gebaren, weil du warst wie ich.
Du Mensch mit meinen Gedanken,
Du Mensch mit meinem Lebensgefühl,
Du Mensch mein Seelenverwandter,
Wo immer Du auch bist, Du lebst in mir,
Und ich womöglich auch in Dir.
Wiederkehr
Von Zeit zu Zeit Frau Psyche klopft an seine Tür,
gefolgt von Frau Vergangenheit,
die Treppen in ihm hoch schon steigt.
Verlangt nach Eintritt in sein Haus,
in dem er Herr möcht´ sein und es doch nicht ist.
Galant, gar hämisch ruft sie aus: Schau her,
siehe, wer du bist und wer gewesen,
stets unverstanden, ungeliebt, ein Sorgenkind des Lebens.
Du Schatten deiner Selbst, du still wandelnder Geist,
Den man entlassen hat in diese Welt, gar hart,
gar grob, ohne Liebe und ohne Urvertrauen,
worauf Menschenleben aufbauen,
und weshalb du hinter dir verschwindest.
Die Angst, ein stetig stiller Geselle dir,
die Ohnmacht, die Aporie, deine Gefährten,
der Tod dein treulich Freund,
dem du so oft ganz nah schon bist gewesen.
Mit Gewalt man dir begegnete, dich erdrücken,
zerbrechen wollt, dein zart, feinfühlig Wesen.
Schutz bot allein der Innenraum,
erfüllt von Harmonie und voller Phantasie,
dein Schneckenhaus, so nannten sie´s.
Doch aus der Finsternis bin ich emporgestiegen,
die Dunkelheit ward meine Erhellung,
Menschenseelen ich durchdringen kann,
Gedanken lesen, die Welt mit andern Augen sehn´.
Und dennoch rufst du aus:
Hinfort, hinaus, heraus aus meinem Haus,
und wünschest keine Wiederkehr,
weil du seltsam, holdselig Wesen,
nie mehr willst sein, der du gewesen.